Unterschlupf für unsere Garten Nützlinge bauen
„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein”, heißt es, dies trifft auch auf Wildtiere zu. Neben der passenden Nahrung brauchen sie Unterschlupf und Nistmöglichkeiten. Wir haben ein paar Tipps was Sie für Ihre Nutznießer in petto haben sollten!

Unterschlupf für unsere Garten Nützlinge bauen
Der Steinhaufen
Nicht immer gibt es im Garten ausreichend Platz oder eine passende Situation für eine Trockenmauer. Bewohner von Trockenmauerritzen mögen aber auch Steinhaufen und für einen solchen findet sich leichter ein sonniges oder schattiges Eck. Beide Lichtsituationen schätzen die Tiere.
Möchte man einen Steinhaufen im Garten platzieren, sollte man zuerst an die Sicherheitsaspekte denken. Spielen kleine Kinder im Garten, muss man darauf achten, dass der Haufen nicht zu hoch ist, keine allzu spitzen Steine enthält und auch nicht ins Rutschen gerät, wenn er „mit Füßen getreten“ wird. Fragen Sie sich auch, wo ein Kind hinfallen würde, wenn es vom Haufen abrutscht.
Idealerweise schlichtet man einen Steinhaufen auf einem ca. 40 cm tiefen, sandig-lehmigen Untergrund auf und erweitert den Untergrund mindestens einen Meter in alle möglichen Fallrichtungen. Zusätzlich können darin bodenbrütende Wildbienen ihre Nester bauen. Oft passt die Kombination Steinhaufen und „Wildes Eck”, also ein Bereich, in dem Brombeeren, Brennnesseln u. Ä. wachsen und der Komposthaufen seinen Platz findet.
Der Laubhaufen
Sonnige, aber windgeschützte Bereiche eignen sich gut für Laubhaufen, windexponierte Plätze weniger. Halbschattige bis schattige Flächen sind ebenfalls passend, z. B. am Rande einer Hecke.
Ein Laubhaufen wirkt einerseits wärmedämmend für Tiere, die dort im Winter Unterschlupf suchen. Das sind Schlangen, Blindschleichen, Kröten und der Sympathieträger unter den Gartenbewohnern, der Igel. Der Igel wird von Laubhaufen quasi magnetisch angezogen, findet er darunter doch Leckerbissen wie Regenwürmer.
Verbrennen Sie deshalb keinen Laubhaufen, den Sie einige Tage zuvor zusammengerecht haben. Es könnte schon ein Igel eingezogen sein. Übrigens ist das Verbrennen von Laub in den meisten Fällen ohnehin verboten. Was man wo darf, wird in Deutschland in den Landesgesetzen geregelt.
Will man bewusst ein Igelquartier schaffen, darf der Laubhaufen nicht in einer Senke liegen, dort sammelt sich Regenwasser. Im Haufen dürfen sich die Blätter ruhig auch mit Schichten aus Ästen und Gras abwechseln. Wer es ordentlicher mag, kann auch ein Igelhaus kaufen oder bauen.
Falls Sie den Igel im Herbst noch füttern wollen, geben Sie ihm keine Milch, davon bekommt er Durchfall. Igel sind Fleischfresser, für die es spezielles Igelfutter gibt, Mehlwürmer oder Hunde bzw. Katzennassfutter oder ungesalzenes Rührei tun es zur Not auch.
Neben Unterschlupf bietet der Laubhaufen auch Futter für laubfressende Käfer, Asseln, Würmer und ähnliches Krabbelgetier, das wiederum dem Igel und Singvögeln mundet. Der Naturgarten funktioniert im Kreislauf, nichts wird verschwendet, alles ist nützlich.

Totholzhaufen
Totholz ist äußerst wertvoll. Allein mehr als 1 400 Käferarten und ihre Larven besiedeln abgestorbenes Holz. Dies kann ein stehen gelassener toter Baum sein, in den ein Specht seine Höhle zimmert, die dann von Nachmietern wie Kleibern, Staren oder Sperlingen besiedelt wird.
In kleinere Bohrgänge legen Wildbienen ihre Eier. Liegendes Totholz wird von Moosen besiedelt, von Pilzen und Bakterien, Ameisen, Schlupfwespen und Glühwürmchen.
Einen Totholzhaufen anlegen
Ein solcher Haufen kann aus diversen dünnen und dickeren Ästen bestehen, aus Baumstrünken, morschen Zaunpfählen, Wurzelstücken und vielem mehr. Verwenden Sie nur unbehandeltes Holz ohne herausstehende Nägel. Locker kreuz und quer aufgeschichtet entstehen Hohlräume, in denen sich Blindschleiche und Co. sicher fühlen können.
Zusätzlich kann man natürlichen Stacheldraht, also Brombeeren oder Rosen, dazupflanzen oder deren abgeschnittene Triebe um den Haufen legen. Das wirkt Wunder gegen die Katze, den Hauptfeind von Mäusen und Zaunkönig. Das Holz im unteren Bereich des Haufens verrottet mit der Zeit. Es entsteht daraus wasserspeichernder Holzmulm, der ideale Lebensraum für viele Insektenlarven. Durch den Prozess sackt der Haufen ein, man kann also laufend Material nachschichten. Wiederum lautet das Zauberwort Vielfalt: Dickes und dünnes Holz, Weich- und Hartholz, frisch und schon etwas vermodert, so bieten Sie verschiedenen Tieren das Passende.
Sonderform Benjeshecke
Eine besondere Art des Totholzhaufens ist die Benjeshecke. Dort, wo eine Hecke wachsen soll, schlägt man alle 1–2 m gegenüberliegende Pfosten mit mindestens 0,5 m Abstand in den Boden. Die Pfosten dienen als Halt für Äste, die man horizontal dazwischen aufschichtet. Diese Äste sollen wieder möglichst gemischt sein, es dürfen auch ganz frisch geschnittene dabei sein. Manche wurzeln bei Bodenkontakt ein und bilden eine lebende neue Hecke. Den Rest besorgen Vögel, die zwischen den geschichteten Ästen nach Nahrung suchen und dabei Samen diverser Fruchtgehölze wie Weißdorn, Eibe, Berberitze usw. ausscheiden. Aus diesen keimen neue Sträucher.
Ein Zuhause für Insekten
Etwa ein Drittel der Wildbienen nistet in hohlen Stängeln und Käferbohrgängen. Um diesen Arten ein Zuhause zu bieten, ist es am praktischsten, einen abgestorbenen Baum einfach sich selbst zu überlassen. Immer vorausgesetzt, es befindet sich gerade ein sterbender Baum im Garten und er bedroht kein Gebäude oder Haustier, sollte er einmal umstürzen.
Gegen einen Sturz kann man so einen Baum für alle Fälle mit Verankerungseisen sichern. Allzu dicke, morsche Äste sägen Sie lieber ab. Sie wandern am besten auf den Totholzhaufen. Zusätzlich kann ein toter Baum auch von einer Ramblerrose berankt werden. Da diese mit der Zeit allerdings ein ganz schönes Gewicht entwickeln kann, sollte der Baum dann abgestützt werden.
Gibt es keinen geeigneten Baum im Garten, können Sie als Insektenwohnungen Rund- oder Kantholzsteher vertikal verankern oder die Stützen einer bestehenden Pergola anbohren.
Die Voraussetzungen dafür:
- Es darf nur Laubholz verwendet werden. Nadelholz ist zu harzreich, die zarten Insektenflügel blieben daran kleben.
- Das Holz muss unbehandelt sein.
- Die Löcher sollten einen Durchmesser von 2−9 mm haben und mit einem scharfen Bohrer gebohrt werden. Eventuell sollte man die Ränder mit einer Lochfeile nachbearbeiten, damit die Insektenflügel nicht an Holzsplittern hängen bleiben können. Legen Sie die Bohrlöcher zur windabgewandten Seite an.
Fertige Insektenhotels
Weniger zeitaufwendig ist der Erwerb eines sogenannten Insektenhotels. Leider gibt es im breiten Angebot des Handels auch sehr viel Ungeeignetes: quer geschnittene, splitterreiche Baumscheiben, Föhrenzapfen, Steine und vieles mehr. Welches Insekt nistet zwischen Rundkornsteinen?
Sinnvoll sind dagegen mit scharfem Messer geschnittene und gebündelte Schilf- oder Bambushalme. Auch ungebrannter Lehm, in den manche Insekten selbst ihre Röhren graben können, ist wertvoll. Bei Naturschutzverbänden kann man sich dazu auch online gut und umfassend informieren, zum Beispiel zu Hummelnistkästen. Die Verbände geben auch Tipps zu Überwinterungskästen für Schmetterlinge, die als Falter überwintern, wie Zitronenfalter und Tagpfauenauge, oder für Florfliegen. Manchmal gibt es die Bauanleitung gleich kostenlos dazu.
Verstecke für Ohrwürmer
Nett und einfach zu bauen sind Verstecke für Ohrwürmer. Dazu stopft man einfach Holzwolle in Tontöpfe, befestigt ein Gitter oder Maschendraht über der Öffnung und hängt den Topf kopfüber in einen Obstbaum.
Über die Aufhängung sollte eine Verbindung zu einem Ast geschaffen sein, über den die „Ohrenschlürfer“ (österreichischer Ausdruck für die Ohrwürmer) ins Versteck gelangen können.
Sie sind zwar Allesfresser, aber auch Blattläuse stehen auf ihrem Speiseplan, also kann man sie getrost als Nützlinge bezeichnen.
In Ermangelung eines Baums können Sie die Tontopf- Verstecke auch auf Haselruten stülpen und diese ins Staudenbeet stecken. Seien Sie bei der Gestaltung ruhig kreativ!
Spezielle Bedürfnisse von Tieren
Was für viele Menschen nach Unordnung oder Unwirtlichkeit aussieht, z. B. eine modrige feuchte Umgebung, dunkle Ritzen oder heiße Steine, zeichnet die verschiedenen Haufen geradezu als Premiumlebensraum für viele Tiere aus.
Käfer
Das Leben zahlreicher Käferarten ist zwingend an Totholz geknüpft, darunter der schon erwähnte Hirschkäfer, einige Prachtkäfer und Bockkäfer. Auch die Borkenkäfer zählen dazu, aber die ignorieren wir hier einmal. Bockkäfer erkennt man gut an den besonders langen, gegliederten, nach hinten gebogenen Fühlern, die an die Hörner eines Steinbocks erinnern. Während ihre Larven Totholz fressen, bedienen sich erwachsene Käfer an Pollen, Blütenteilen oder Baumsäften. Sie finden also ideale Bedingungen in einem blüten und artenreichen Naturgarten.
Auch Glühwürmchen sind Käfer. Ihre Larven leben in Laub- und Totholzhaufen, sie fressen dort vor allem Schnecken, auch die unbeliebte Spanische Wegschnecke. Bei fliegenden Glühwürmchen handelt es sich immer um die Männchen des Kleinen Leuchtkäfers, der so Weibchen anlocken möchte. Sitzend können zum gleichen Zweck auch Weibchen leuchten.
Ameisen
30 heimische Ameisenarten bauen ihr Nest in oder mit Totholz. Manche Ameisen sind so klein, dass sie sogar in einem dünnen Zweig nisten können. Dagegen bilden große Exemplare, wie die bis zu 7 mm große Glänzendschwarze Holzameise, eine Art von Karton aus zerkautem Holz, das sie mit Honigtau, das ist die zuckerreiche Ausscheidung der Blattläuse, verbinden. Dieser süße Karton bietet Pilzen einen optimalen Lebensraum, die mit ihrem Geflecht wiederum das Ameisennest stabilisieren.
Dies ist nur ein kleines Beispiel für die unendlich vielen Verknüpfungen in der Natur. Eines hängt vom anderen ab. Entfernen wir zu viele dieser Bausteine, gerät unsere ganze Welt ins Wanken.
Ungelittene Mitbewohner
Auch wenn einige Menschen sich vor manchen Tieren ekeln, haben doch alle ihren Platz in der natürlichen Ordnung. Deshalb leiden als bodenbewohnende Insektenfresser beispielsweise auch Spitzmäuse, die gar keine Mäuse im eigentlichen Sinn sind, unter dem Rückgang der Insektenzahlen, den Umweltgiften und zu viel Ordnung in den Gärten und in der Landschaft.
Die Blindschleiche sieht zwar aus wie eine Schlange, ist aber eine Echsenart aus der Familie der Schleichen. Sie ist nicht wirklich blind, nur sehschwach und orientiert sich daher stark über ihren Geruchs- und Tastsinn. Außer an der Sonne hält sie sich auch gern auf dunklem Humus, auf Moospolstern oder in Hohlräumen unter Baumwurzeln oder im geschichteten Brennholz auf. Sie ernährt sich von Schnecken, Regenwürmern, Asseln, Käfern, Larven und Ähnlichem.
Spinnen gehören gewiss nicht zu den Lieblingshaustieren der allermeisten Menschen. Umso besser, wenn der artenreiche Naturgarten ihnen genug Lebensraum draußen bietet. Sie lauern im Totholz, unter Borkenstücken und Ähnlichem und finden dort kleine Insekten als Beute.
Versuchen Sie, Ihren naturnahen Garten einmal mit anderen Augen als die eines Menschen zu sehen. Was fehlt? Natürlich sollen Sie sich selbst auch in Ihrem Garten wohlfühlen, deshalb: Oft reichen schon kleine Veränderungen in der Gestaltung oder in der Pflege, um vielen Tierarten einen Gefallen zu tun. Berücksichtigen Sie das bei der Planung Ihres Gartens.
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Der Inhalt aus diesem Artikel ist aus dem Buch:
Paula Polak
Pflegeleichte Naturgärten gestalten
Gut für die Artenvielfalt – erholsam für den Menschen
Preis 22,00 €
ISBN: 978-3-96747-062-8
BLV Verlag
Naturgärten leisten nicht nur einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt, sondern begeistern auch durch ihren hohen Erholungsfaktor. Die erfahrene Gartenplanerin Paula Polak erklärt hier alle Elemente, die Naturgärten auszeichnen, und zeigt wie man Schritt für Schritt bei ihrer Planung vorgeht.